Waffensichten

Waffensichten

Groupshow 2014

16. MAY - 13. JUL 2014

Neue Galerie Dachau

Konrad-Adenauer-Straße 20
85221 Dachau

Opening Hours

TUE – SUN and nat. Holidays 1pm – 5pm

Münchner Merkur 2014

Gefühlte Gefahr in Grautönen

Dachau - Leid, Tod und Massenvernichtungswaffen, das sind keine leichten Themen. Mit Simone Lucas, Ruprecht von Kaufmann und Helmut Schweizer haben sich drei Künstler dem Thema Erster Weltkrieg gestellt. Sie zeigen bis 13. Juni in der Neuen Galerie Dachau „Waffensichten“.

Im Verbund mit Bezirksmuseum und Gemäldegalerie ist es die dritte Ausstellung der Dachauer Galerien und Museen über den Ersten Weltkrieg der Dachauer Galerien und Museen. „Dieser Krieg jährt sich in diesem Jahr zum 100. Mal, es ist wichtig, ihn nicht zu vergessen und immer wieder aufzuarbeiten“, sagte Oberbürgermeister Florian Hartmann bei der Vernissage.

Dr. Jutta Mannes, die die Ausstellung vorbereitet hat, begrüßte die Künstler aus Düsseldorf und den Galeristen Rupert Pfab, die die Gemälde zur Verfügung stellten. Genaue Darstellungen des Krieges werden Besucher nicht finden. „Eher sind es subtile Auseinandersetzungen mit Bedrohung und Grauen“, erklärte Mannes. Bei den meisten Gemälden spielten sich der Kampf, die Bedrohung oder die Gefahr erst in den Köpfen der Betrachter ab. Etwa bei den Bildern von Simone Lucas aus Neuss. Ihr Motiv „Zeichensaal“ zeigt einen Jungen mit Lanze und Schild in einem großen Zeichensaal. Um ihn herum positionierte die Künstlerin großflächige, rote Farbkleckse, die unweigerlich an Blutlachen erinnern. Beim genauen Betrachten erkennt man im roten Farbnebel Drachen und andere unheimliche Gestalten, gegen die der Junge anzukämpfen versucht.

Das Bild „Atom“ wirkt auf den ersten Blick recht harmlos. Ein Lehrer malt ein schematisches Atommodell an die Tafel. Die Ähnlichkeit der Figur mit Adolf Hitler lässt unmittelbar an Atombomben denken. Mannes sagte zu den Bildern von Simone Lucas: „Ihre Arbeiten changieren zwischen Figuration und Abstraktion, Realität und Imagination.“

Auch OB Hartmann geht auf die Bilder ein. Etwa auf Ruprecht von Kaufmanns Werke: „Die Bilder sind meist in Grautönen gehalten, jedoch setzt er gezielt Farbakzente, die herausstechen. Die Bilder wirken schwer, düster und bedrückend.“ Vielleicht mögen manchen die meist großflächigen Werke auch ein wenig seltsam vorkommen. „Die Gefangenen“ zeigt Häftlinge, die einen Mauerblock mit Stacheldraht umschreiten. Sie sind nicht eingesperrt, sondern scheinen eher ausgesperrt zu sein. Aus dem Inneren des Mauerquaders ragt ein Ast mit Blättern, und der Boden wirkt nass, durch den grauen Dunst scheint die Sonne - oder der Mond. Am Boden liegt ein großer Fisch, aus dem Menschenfüße ragen, und im rechten Teil des meterlangen Bildes steht eine Vogelscheuche.

Bei näherer Betrachtung entdeckt man noch viele Einzelheiten, die ratlos machen. Warum liegt da zum Beispiel eine Quietschente? Die offenen Fragen hinterlassen ein bedrückendes Gefühl. Ebenso bei dem Gemälde „No Panic“. Hier sitzt ein Mann in Schutzkleidung und Gasmaske auf einem Sofa in einem dunklen Raum. Vor ihm steht eine Tasse Tee.

Gasmasken kommen indirekt auch bei Helmut Schweizers Arbeiten vor. Beispielsweise bei seiner Bilderreihe „Waffensichten“, die der Ausstellung ihren Namen gab. Schweizer legte immer gleiche Fotografien, die er 1992 im Militärhistorischen Museum in Dresden aufnahm, übereinander und druckte sie in langlebigem Eisenblaudruck. Die übereinander geschobenen Aufnahmen von Revolverkolben, Kanonen und Schrauben ergeben unheimliche Fratzen, die an Gasmasken erinnern.

Fast noch vielschichtiger ist auch Schweizers Installation „Tischgesellschaft für Fritz Haber bei Karl Malchus“: ein Tisch, auf dem Glaszylinder, gefüllt mit blauen Chemikalien und Bildern von Gasmasken-Fratzen sowie Rosensträuße unter Glasdomen stehen. Bei den Rosen liegen Petrischalen, in denen Ammoniak und Kupfersulfat verdampfen, wodurch sich die Rosen im Verlauf der Vernissage langsam schwarz färbten.

Um die Installation zu verstehen, bedarf es einiger Informationen. Der Chemiker Fritz Haber (1868-1934) wurde „Vater des Giftgases“ genannt. Er entwickelte ein Verfahren zur Herstellung synthetischen Ammoniaks, was ermöglichte, Waffen in großen Mengen herzustellen. Karl Malchus sollte für Hitler im KZ Dachau Gold herstellen, aus Fotos seines Arbeitstisches entstanden die Gasmasken-Bilder. Schweizer spielt, wie in vielen seiner Arbeiten, auf die großen Erfindungen der Menschheit und ihre weitreichenden unheilvollen Folgen an.

 (mik)